Der Gedanke an den Panama Kanal lässt nahezu jeden Segler in Demut verfallen, dieses mächtige Bauwerk, bringt einen in zwei Tagen vom Atlantik in den Pazifik. In Gedanken ist es ein riesiger Berg der zu bewältigen ist. Man ist ständig umgeben von riesigen Frachten und Containerschiffen, genau jene Schiffe von denen wir am meisten Respekt haben. Und hier, ist man in den Schleusen selbst nur 100 Meter vor oder hinter Ihnen. Die wilden Stories was nicht alles passieren kann während der Schleusungen hört man zur Genüge in den Vorbereitungen, Kratzer im Rumpf, ausgerissen Klampen oder gar entmastete Boote.
Schlimme Vorstellung, doch wie so oft ist das meiste Seemansgarn. Wäre doch langweilig wenn man am Abend beim gemeinsamen Bier nichts zu erzählen hätte.
Nichts desto trotz haben wir uns gut vorbereitet, sogar Teile der Ausrüsung außen abgebaut und sicher verstaut, sicher ist sicher. Wir haben haufenweise Reifenfender gemietet um unser Boot so gut wie möglich zu schützen. Und wir hatten die besten Linehandler an Bord die man sich wünschen kann.
Doch mit einem Problem hatten wir nicht gerechnet. Wir wurden kurz vor der Durchfahrt krank. Daheim wär sowas einfach gelöst, ein Anruf, krankheitsbedingt verschoben oder Krankenstand. Das ist hier auch möglich nur verlieren wir einen Batzen Geld, Refundierung gibts keine.
Doch alles von Anfang an.
Wir waren bereits am Vortag von Portobello nach Colon gesegelt, den Hafen auf der Atlantikseite vom Kanal und haben die letzten Vorbereitungsarbeiten durchgeführt. Bella hat für den nächsten Tag vorgekocht. Die Zeiten fürs Essen und die Zubereitung fürs Essen der bis zu sieben Mann starken Crew während der Durchfahrt sind kurz und darum ist das leider notwendig. Unser Glück oder Pech, je nach dem wie man es auslegt, war, dass wir vorgekostet haben.
Zwei Stunden später stand die Welt Kopf, Erbrechen, Durchfall, Kopfschmerzen, erhöhte Temperatur,……
Nach kurzer Beratschlagung wurde der Menüplan geändert und die Spagetti Bolognese wurde zu Fischfutter. Wir vermuten das Fleisch war verdorben.
Eigentlich war es Glück, denn hätten wir dieses Mahl zum geplanten Zeitpunkt gereicht hätten wir 5 schwer kranke, kotz…. und Dauertoilettenbenutzer an Bord gehabt. Bei einer Toilette an Bord wäre das in einer Katastrophe geendet. Noch dazu weil wir schon am Stausee gewesen wären und nicht einfach weggekonnt hätten. Da gibts nur eine Richtung, 30 Seemeilen Richtung Pazifik und durch die Schleusen.
Kurzerhand wurde der Menüplan vegetarisch und wir haben unsere Linehandler kurz nach der Ankunft an Bord aufgeklärt über die Misere und sie hatten Verständnis für unsere Situation. Das ist der Vorteil wenn einem Segler helfen die auch durch den Kanal gehen wollen und genau verstehen wie ausweglos eine solche Situation ist.
Für uns hieß es jetzt Kräfte sammeln, teilweise im halb Stunden Takt abwechseln, arbeiten erledigen, Wasser trinken und wieder ab ins Bett. Die vollkommene körperliche Kraftlosigkeit kombiniert mit der Aufregung um den Panamakanal brachte uns mental nahe ans Delirium aber das ist genau das schöne am Segeln. Wenns drauf ankommt werden von irgendwo her Notreserven mobilisiert und es geht wieder weiter.
Es war nicht nur das Boot zu bedienen und sicher zu vertäuen, da waren dann im Endeffekt mit den vom Panamakanal begesteurten Advisoren(gibt Anweisungen und Ratschläge für die Fahrt durch den Kanal) insgesamt sieben Personen an Bord die einigermaßen versorgt werden mussten.
Die Fahrt zur ersten Schleuse war aufregend, man weiss nicht was genau kommt. Zum Glück wurden wir an ein Motorboot längsseits vertäut und hatten keine Leinen zu bedienen, das gab uns ein klein wenig mehr Ruhe.
Als die Schleusentore sich schlossen und der Atlantik für uns Geschichte war ging das Spektakel los, in atemberaubender Geschwindigkeit wird das Boot gehoben, das Wasser strömt vom Boden der Kammern ein und hebt einen in wenigen Minuten die rund 10 Meter pro Schleusenkammer in die Höhe.
Die ersten drei Schleusenkammer waren sehr eindrucksvoll für uns und es gab keine groben Probleme. Oben angekommen hieß es das Päcken mit dem Motorboot lösen und losfahren zu einer für uns vorgesehenen Boje, an der wir die Nacht gemeinsam mit unseren 3 Linehandlern verbrachten. Die Advisors wurden abgeholt und düsten davon.
Bella war nun eingespannt und musste Abendessen zubereiten, nicht die einfachste Aufgabe wenn man nicht weiss ob übergeben oder nur aufs Klo laufen die nächste Aufgabe ist. Ich selbst bin binnen 10 Minuten in halbkomatösen Schlaf gefallen.
Die Nacht war für uns leider nicht so erholsam wie erhofft, darum ging das Abwechselspiel den ganzen nächsten Tag weiter. Bella hatte schwierige Passage zu meistern, wir mussten teils in 50 Meter Abstand zu 200Meter Frachter fahren und die Turbulenzen die diese dicken Dinger auslösen versetzen das Boot wie wenn man mit einem Auto auf Glatteis unterwegs ist. Doch Bella hat alles suverän gemeistert. Für die letzten drei Schleusungen musste ich wieder ans Steuer, es klappte alles ohne grobe Schwierigkeiten obwohl wir dieses mal auch Leinen zu bedienen hatten und die Boote im Prozess des Zusammenhängens wie wild durch die Gegend geschlingert sind.
Das Gute an der Situation es gibt immer einen Advisor der die Boote koordiniert und meist recht hilfreiche Kommandos gibt und so Extremsituationen recht gut verhindern kann.
Und dann wars soweit, das letze Schleusentor geht auf und wir sind im Pazifik, einfach so. Wir sind da im Ozean unserer Träume, hier wollten wir hin und uns anschauen was es hier zu entdecken gibt. Doch erst mal heissts wieder auf die Beine kommen und langsam wieder fit werden und ein wenig entspannen von den Strapazen der letzten Tage.
Einer von vielen Frachtern denen wir hier so knapp wie nie begegnet sind.
Dieses sportliche Motorboot übernahm das manövrieren in den Schleusen, was mir die Sache wesentlich erleichterte.
Einfahrt in die mächtigen Schleusen, beeindruckend wenn man bedenkt dass alles hier 100 Jahre alt ist und noch immer funktioniert.
Der Abschied vom Atlantik, das erste Schleusentor schliesst sich hinter uns.
Und zu ist es.
Ein kurzer Warnton und dann strömt das Wasser in die Schleuse, die Turbulenzen sind beachtlich, ins Wasser fallen wäre hier fatal.
Die Dimension ist schwer auf ein Foto zu bannen aber es geht steil nach oben.
Am Morgen des zweiten Tags kommt unser neuer Advisor, Moses an Bord. Mit dieser Unterstützung kann gar nichts mehr schief gehen.
Bella am Steuer.
Der ist natürlich viel schneller als wir und Platz gibts nicht viel, aber Moses achtet genau darauf dass wir uns am Rand der Fahrrinne bewegen.
Und dann gings ins Päckchen mit einem anderen Segelboot. Nach kurzen chaotischen Minuten des zusammenschnürens übernimmt großteils der “Große” das manövrieren und ich muss nur in Gefahrenmomenten mit Voll Schub voraus oder retour das Päckchen wieder auf Kurs bringen.
Ein Kanalmitarbeiter der temporäre Leinen für die Fahrten zwischen Kammern bedient.
Die werden dann kurz vorm Schleusen gegen zwei Zentimeter dicke Leinen ausgetauscht.
Auf See ist das die schlechteste Position überhaupt so knapp vor einem Frachter oder Tanker, hier in der Schleusenkammer wird penibel darauf geachtet wo die Segler und die Großen positioniert werden.
Moses organisierte dass die Webcam genau auf uns gerichtet wurde. Viel erkennt man nicht, wir sind klein im Vergleich zu den Schleusen.
Die Frachter werden mit Lokomotiven gezogen welche bergauf und bergab fahren zwischen den Schleusenstufen.
Das Tor zum Pazifik geht hinter uns auf, endlich, zum Glück trage ich Brillen,…
Bridge of Americas, die ist riesig, da fahren die ganz dicken Containerschiffe auch durch.
Das ist der Blick von unserem Ankerplatz auf Panama City, wir lieben diese Skyline, es ist auch das erste mal dass wir mit dem Boot in einer so riesigen Stadt sind.
Wir feuen uns für und mit euch ! Immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel wünschen euch Bruno und Roswitha